Unsere Füße brauchen mehr Bewegung. In Barfußschuhen können sie arbeiten, das stärkt die Muskulatur und der Senk- / Spreizfuß oder andere Beschwerden verschwinden von alleine. Oft ist der Kauf von Barfußschuhen mit dieser Hoffnungen verbunden. Doch ist dem wirklich so?
Barfußschuhe an und alles wird gut?
Wer sich mit Schmerzen herumplagt, ist meist schnell von der Idee der Barfußschuhe begeistert.
Einfach den bisherigen Inhalt des Schuhschrankes gegen einen Satz Barfußschuhe tauschen und schon haben die Füße wieder platz und die Muskulatur wird gefordert. Mit der Hoffnung, dass sich damit auch der Hallux Valgus, die Plantar Faszitis oder der Senk-Spreizfuß erledigt haben, ist bei vielen der Kauf von Barfußschuhen verbunden.
Leider sieht die Realität etwas anders aus. Dass es heute Barfußschuhe in vielen Varianten und von verschiedenen Herstellern gibt, ist eine großartige Entwicklung. Die Message „bewege deine Füße, sonst gehen sie irgendwann unter“ kommt immer mehr im Mainstream an.
Das Tragen eines Barfußschuhes allein macht aber noch keinen gesunden, stabilen Fuß und bedeutet auch nicht zwingend eine langfristige Verbesserung der Beschwerden.
Wer sein Leben lang in „normalen“ Schuhen unterwegs war, merkt eindrucksvoll, wie seine bisher kaum genutzte Fußmuskulatur in den neuen Barfußschuhen zu Beginn ordentlich arbeiten muss. Manch einer hat in den ersten Tagen sogar Muskelkater. Einige stellen auch fest, dass sie anders gehen, lockerer, langsamer werden – es fühlt sich wundervoll an seinen Körper selbst beim Gehen wieder zu spüren.
Und ja, die Füße werden wieder gefordert und das trainiert die gesamte Fußmuskulatur und kann sich sogar positiv auf den gesamten Bewegungsapparat auswirken.
Barfußschuhe sind wie ein Auto mit Gangschaltung Bitte was? Stelle dir vor du bist jahrelang ein Auto mit Automatik gefahren. Du hast sogar in einem solchen Vehikel das Fahren gelernt. Nun hast du gehört, dass Autofahren mit manueller Kupplung viel gesünder sein soll, da du aktiver mitarbeiten muss. Also lässt du dein Auto in der nächsten Werkstatt umrüsten (Ich habe keine Ahnung ob das überhaupt geht – für den Vergleich nehmen wir es aber mal an). Damit du das vollkommen ursprüngliche Fahrgefühl zurück bekommst, lässt du auch direkt die Servolenkung entfernen. Auf dem Fahrersitz platzgenommen stellst du fest, dass du gar nicht weißt, wie das überhaupt geht. Du kommst vielleicht noch im Standgas vorwärts oder würgst den Wagen ständig ab, es ruckelt, der Kopf nickt nach vorne. Richtig Autofahren ist das irgendwie erst mal nicht. Ohne einen Fahrlehrer, der Anweisungen gibt und Dir hilft, die Bewegungsabläufe nach und nach zu automatisieren, wird es vermutlich schwierig. Nehmen wir weiterhin an, du kommst nach ein bisschen Üben einigermaßen gut zurecht und fährst ohne große Komplikationen. Dein Wagen ist zuvor viele Jahre mit den Automatikmodus gelaufen. Zahnräder, Kurbeln und Hebel haben sich auf die immer gleiche Bewegung angepasst. Dein neues Handling belastet diese Elemente viel intensiver. Abnutzungserscheinungen werden verstärkt oder können der neuen Belastung nicht Stand halten. Es kommt zu Schäden. Ähnlich verhält es sich mit den Füßen und dem Bewegungsapparat. Sie haben sich über die Jahre an das Gehen und Laufen in Schuhen angepasst. Strukturen, wie Knochen und Gelenke, können somit von der „Werkseinstellung“ abweichen und nicht alleine durch die natürlichere Nutzung in die alte Funktion zurück kommen. Auch wenn die Muskulatur barfuß mehr arbeiten muss und stärker wird, sie kann nur in der Struktur arbeiten, die ihr vorgegeben wird. Im Bild des Autos: Lenkachse und Kurbelwelle müssen vor der neuen Belastung neu eingestellt und eingerichtet werden, damit alles rund läuft. Ist beispielsweise die Spur nicht richtig eingestellt, zieht der Wagen vielleicht nach links. Die Folge: die Reifen nutzen sich einseitig ab. Unsere Füße müssen also auf die neue Arbeitsweise angepasst werden. Die Zehen müssen eventuell wieder in ihre Ursprungsform gebracht, das Fußgewölbe gespannt oder auch entspannt, Knickstellungen der Fußgelenke korrigiert werden. Passiert dies nicht, so läuft man Gefahr, dass sich all die Fehlstellungen unter der Mehrbelastung manifestieren, die Muskulatur in Disbalance arbeitet und der Körper mit Kompensation darauf reagieren muss. Tipps für Barfuß-Neulinge: • Die Veränderung liegt nicht im Wechsel des Schuhwerks, sondern in der veränderten Nutzung der Füße (in deiner „Fahrweise“). • Verlasse dich nicht alleine auf die Natur und helfe deinen Füßen, sich zu regenerieren. • Gehe und laufe so viel wie möglich (rein) barfuß. Selbst der Unterschied zwischen nackten Füßen und den dünnsten und breitesten Barfußschuhen ist enorm. • Lasse dich von einem erfahrenen Trainer, Orthopäden oder Therapeuten durchchecken. Fazit: Barfuß laufen ist das Beste für unsere Füße. Barfußschuhe sind ein hilfreiches Werkzeug, um sich vor Nässe, Kälte und Verletzungen der Haut zu schützen. Zu einer Umstellung auf Barfußschuhe oder vermehrtes Barfußlaufen sollte ein begleitendes Training gehören, mit dem Du deinen Fuß aufbaust und ihm seine Fähigkeit zurück gibst, den gesamten Körper zu tragen.
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